Mit Wirkung v. 1. Aug. 2011 hat die Gemeinde Emmering eine neue Plakatierungsverordnung erlassen, deren Ziel es ist, das Plakatieren der pol. Parteien auf den üblichen beweglichen Plakattafeln zu unterbinden und durch wenige, gemeindeeigene Wände zu ersetzen.
Als Bezugspunkt für die Änderung wurde eine entsprechende Verordnung der Gemeinde Bad Wiessee herangezogen. Dieser Vergleich zwischen der Stadtrandgemeinde Emmering und dem Fremdenverkehrsort Bad Wiessee, gelegen in einer der schönsten Gegenden des Voralpengebietes, ist jedoch m. E. unzulässig.
Artikel 28 LStVG ermöglicht es Gemeinden, öffentliche Anschläge zum Schutz des Orts- oder Landschaftsbildes……. zu verbieten. Dabei ist eine Güterabwägung zwischen dem Grundrecht der freien Meinungsäußerung (Art. 5 GG) sowie dem Auftrag der pol. Parteien (Art. 21 GG) einerseits und den schutzwürdigen Werten des Orts- und Landschaftsbildes andererseits vorzunehmen:
Da Emmering weder bedeutende Kunst-, noch Kultur- oder Baudenkmäler besitzt, kann es folglich nur um das Orts- bzw. das Landschaftsbild gehen. Die Landschaft in und um Emmering ist, ohne der Gemeinde zu nahe treten zu wollen und abgesehen vom Emmeringer Hölzl, das von pol. Werbung in keiner Weise betroffen ist, weder besonders reizvoll noch mit einmaligen Schönheiten gesegnet. Bleibt nur das Ortsbild, das im Gegensatz zu Fürstenfeldbruck oder Dachau keinerlei einmalige Besonderheiten aufweist, die dadurch in Schutz zu stellen sind, dass man auch kurzzeitige Beeinträchtigungen, wie sie Wahlplakate nun einmal darstellen, unterbinden müsste. D.h. im Vergleich zu den Rechtsgütern der Meinungsfreiheit (Art. 5 GG) und der Parteienfunktion (Art. 21 GG) sind in Emmering keinerlei Güter zu benennen, die schützenswert wären und/oder durch Wahlplakate beeinträchtigt würden. Entsprechend dem Kommentar Bengl/Berner zu Art. 28 darf das öffentlich Plakatieren nicht völlig unmöglich gemacht werden; es müssen ausreichend Flächen für das Anbringen von Anschlägen zur Verfügung bleiben. Dieser Maßgabe entspricht die neue Emmeringer Plakatierungsverordnung in keiner Weise. Nach Auskunft der Verwaltung ist geplant (1 ½ Jahre nach dem Inkrafttreten!), dass an 10 „Orten“ in der Gemeinde je ca. 8 – 10 m lange Wände (ob die schön sind, darf bezweifelt werden) errichtet werden, auf denen jede Partei zwei Plakate übereinander zur Verfügung hätte, d.h. pro Partei stünden dann 20 Plakate im gesamten Ort zur Verfügung, wohingegen in den letzten Wahlkämpfen CSU und FW je 120 und die SPD ca. 70 Plakatflächen nutzten. Eine derartige Reduzierung kann nicht mehr als verhältnismäßig bezeichnet werden sondern ist „konfiskatorisch“ zu nennen.
Ausreichende Flächen bezieht sich gemäß Komméntar Bengl/Berner jedoch nicht nur auf die Zahl der Plakatierungsmöglichkeiten sondern auch auf deren Situierung. Abgesehen davon, dass die Gemeinde seit dem 1.8.2011 eineinhalb Jahre Zeit hatte, um die erforderlichen Standorte auszuwählen, zeigt die Aufstellung von (nur) 8 rel. kleinen Stellwänden für das Volksbegehren betr. die Studiengebühren, dass die Gemeinde entweder nicht willens oder nicht fähig ist, die vorgesehenen Anschlagflächen sinnvoll auszuwählen. Für das Volksbegehren wurden 8 (für nur insgesamt 6 Plakate vorgesehene) Tafeln bereitgestellt und zwar
1) am Ortseingang von Bruck (Hauptstraße),
2) an der Landfridstaße (Nähe Bushaltestelle),
3) am Ortsausgang Richtung Olching mit dem Rücken zur Fahrtrichtung
4) am Parkplatz/Bürgerhaus/Grünfläche
5) am Rathaus/Amperseite 6) an der kath. Pfarrkirche parallel zur Fahrtrichtung
7) an der Einmündung des Leitenfeldwegs in die Roggensteiner Straße und
8) am Ortsausgang Richtung Eichenau in der Grünfläche
Kennzeichen fast aller dieser Standorte ist, dass sie mit Ausnahme von 2) und 4) so gut wie keine Fußgängerfrequenz aufweisen. Plakate sind jedoch mit der Fülle kleingedruckter Informationen dafür gedacht, dass sie von Fußgängern im Vorbeigehen gelesen werden. Diese Voraussetzung erfüllen die meisten der ausgewiesenen Standorte nicht. Selbst für Autofahrer sind die meisten der Plakattafeln 1), 3), 6) 7) und 8) zu weit entfernt, als dass sie im Verkehrsfluss gelesen werden könnten. Ein besonders krasser Fall ist der Standort zu 3), der sich auf der Südseite der Straße nach Olching befindet, sich aber an die nach Emmering Einfahrenden richtet (Entfernung ca. 10 m) und das Ganze noch dazu an einer ausgewiesenen Gefahrenstelle, nämlich an einer Verschwenkung der Fahrbahn. Es drängt sich der Verdacht auf, dass es der Gemeinde lediglich um Alibistandorte geht, damit sie sagen kann, sie würde das Plakatieren nicht ganz unterbinden.
Mit welcher Nachlässigkeit die Gemeinde Emmering das Problem angeht, geht aus der Tatsache hervor, dass die zur Anschaffung der 8-10 m langen Plakatwände erforderlichen € 25.000,-- erst im Haushalt 2013 ausgewiesen und beschlussmäßig abgesegnet wurden. Die Absicht der Gemeinde, politische Äußerungen nach Möglichkeit zu unterbinden, geht auch aus der Bestimmung in § 4(1)b der Satzung hervor, der zufolge Plakatieren für ein Volksbegehren erst mit der Auslegung der Eintragungslisten zulässig ist. Eine Information der Wählerinnen und Wähler vor der Eintragungsfrist war offensichtlich unerwünscht.
Bei den o.a. Abwägung der Rechtsgüter muss m.E. auch die Intention der Fraktion der Freien Wähler, sich lästige Konkurrenz vom Hals zu schaffen, Berücksichtigung finden. Hatte die SPD bei der Plakatwerbung wenigstens noch eine Chance (120:70) wahrgenommen zu werden, so ist bei der Reglementierung durch die neue Verordnung nur noch die Werbung mittels der Printmedien möglich, bei der die FW mit ca. 30.000,-- Wahlkampfkosten der SPD mit ca. 3.000,-- heillos überlegen ist.
O. Lankes